In meiner täglichen Arbeitspraxis als Psychotherapeutin berichten viele meiner PatientInnen von Schlafstörungen. Eine Ursache ist häufig unkritischer Alkoholkonsum. Der Tag geht zu Ende, aber im Kopf kehrt keine Ruhe ein: Wichtige E-Mails hätten noch beantwortet werden müssen, die morgige Präsentation ist nur zur Hälfte fertig und zu allem Übel ist auch noch die Waschmaschine kaputt. Ein oder zwei Gläser Bier oder Wein als Einschlafhilfe – dagegen kann doch niemand etwas haben, oder? Und ob, denn das Helferlein für die nötige Bettschwere hat einen hohen Preis.

Schlafstörungen sind teilweise hausgemacht

Alkohol beeinflusst den Schlaf auf verschiedene Art und Weise. Wohin das führen kann, haben Wissenschaftler des Londoner Sleep Centers vor kurzem in einer Studie zusammengefasst. Mit zum Teil überraschenden Ergebnissen. Zunächst: Ja, Alkohol ebnet den Weg in den Schlaf! Wer getrunken hat, schläft rascher ein und ruht auch ein paar Stunden lang ungestört. Diese Wirkung ist willkommen. Doch ihr stehen gleich mehrere negative Effekte gegenüber:

Die Bettschwere verkehrt sich in der zweiten Nachthälfte in Unruhe. Etliche Studien haben belegt, dass Menschen nach Alkoholgenuss in der zweiten Nachthälfte häufiger aufwachen. Ursache ist vermutlich, dass der Alkohol dann bis zu jenem Niveau abgebaut ist, an dem er stimulierend wirkt. Hinzu kommt: Wer größere Mengen trinkt, verstärkt gleichermaßen Harndrang und Durstgefühl, da Alkohol dem Körper Wasser entzieht. Und wer immer wieder aufstehen muss, schläft nicht eben ruhig.

Alkohol verstärkt den so genannten Tiefschlaf, ein traumloser Schlaf, in dem sich vor allem der Körper erholt. Gleichzeitig reduziert Alkohol – zumindest bei denen, die mehr als ein bis zwei Drinks intus haben – die REM-Schlafphasen, also jene Phasen des Schlafs, in denen geträumt wird. Ein Mangel an REM-Schlaf kann Konzentration, Gedächtnisleistung sowie die motorischen Fähigkeiten negativ beeinflussen.

In höheren Dosen behindert Alkohol die Atmung. So kann Alkohol Nicht-Schnarcher in Schnarcher verwandeln. Und letztlich kann Alkohol in höheren Dosen nicht nur einen üblen „Kater“ verursachen, sondern natürlich auch abhängig machen. Wer sich daran gewöhnt, kann dann ohne Alkohol abends nicht mehr abschalten.

Zum Glück kann man der schlechten Gewohnheit verhaltenstherapeutisch entgegenwirken.

Quelle: Süddeutsche Zeitung