In meinem Praxisalltag sind bestehende Schuldgefühle immer wieder ein wesentliches Thema. Bei genauerer Betrachtung wird meist schnell deutlich, dass es eigentlich nicht um Schuld geht, die wir auf uns laden. Wir fühlen uns nur auf eine unsinnige Weise schuldig, weil wir glauben, Erwartungen, die andere oder wir selbst an uns richten, ständig erfüllen zu müssen. Wenn das eigentliche Thema „Erwartungen“ erst einmal auf dem Tisch ist, kommt stets dieselbe Frage: Wie kann ich NEIN sagen, ohne mich egoistisch, rücksichtslos oder unkollegial fühlen zu müssen oder von anderen so eingeschätzt zu werden?

Nein zu sagen oder sich abzugrenzen fällt den meisten Klienten, die mit einer Depression, Panik- oder Zwangsstörung in die Therapie kommen, häufig sehr schwer. Ich versuche dann zu vermitteln, dass zunächst das „innere Nein“ wahrgenommen werden muss. Denn dieses Nein zeigt an, dass man eigentlich erschöpft oder überfordert ist, oder dass vollkommen andere Interessen und Wünsche bestehen. Wenn Klienten während der Therapie gelernt haben, ihre Bedürfnisse über ihre belastenden Gefühle wahr und ernst zu nehmen, müssen diese Bedürfnisse im nächsten Schritt kommuniziert werden. Und spätestens dann kommt ein wunderbares Buch ins Spiel: „Sage nein ohne Skrupel – Techniken zur Stärkung der Selbstsicherheit“ von Manuel J. Smith, erschienen im Verlag MVG.

Die Schallplatte-mit-Sprung-Methode

Wer kennt sie nicht, die alltäglichen Wünsche von Kollegen oder Vorgesetzten noch mal eben dieses oder jenes zu erledigen. Zunächst versuchen wir, Argumente zu finden, eine Aufgabe nicht zu übernehmen. Irgendwann gehen uns die Argumente aus oder wir wollen nicht als unkollegial gelten. In der Folge gehen wir schließlich über eigene Belastungsgrenzen hinweg um zusätzliche Aufgaben erfüllen zu können. Gegen diesen kontraproduktiven Mechanismus gibt es ein wirksames Mittel, die Schallplatte-mit-Sprung-Methode! Sie ist einfach und doch hochwirksam, um sich erfolgreich abzugrenzen, Nein zu sagen und nah am eigenen Ziel und den eigenen Bedürfnissen orientiert zu handeln. Grundsätzlich gibt es zwei Möglichkeiten, diese Methode anzuwenden:

1. Möglichkeit: Sie formulieren ein Argument, z.B. „Ich sehe, dass Du viel zu tun hast, aber mein Auftrag muss bis morgen raus, ich kann dir nicht helfen.“ Sie formulieren ein Argument und wiederholen es immer wieder – wie eine Schallplatte, die einen Sprung hat. So laufen Sie nicht Gefahr, einzuknicken. Das geht so lang, bis der andere kein Argument mehr hat.

2. Möglichkeit Sie formulieren ein Befinden, z.B. „Ich habe deinen Wunsch verstanden, aber es ist mir gerade zu viel / ich bin zu müde / habe andere Pläne.“ Wenn ihr Befinden Gefahr läuft, ignoriert zu werden, wiederholen Sie es einfach immer wieder.

In der Konsequenz gelingt es so in aller Regel sehr schnell, den eigenen Bedürfnissen nachdrücklich Gehör zu verschaffen – mit spürbaren Ergebnissen für das eigene Selbstbewusstsein.

Dieser Blogbeitrag zu den Themen Selbstsicherheit und Selbstbehauptung ist der erste Beitrag einer Reihe, die in loser Folge fortgesetzt wird.